Patientenbroschüren verfolgen das Ziel, medizinische Informationen zu vermitteln, damit Patienten darauf aufbauend eine informierte Entscheidung über eine entsprechende Intervention treffen können. Somit ist fraglich, welche Informationen eine Broschüre enthalten sollte, wenn sie den Ansprüchen einer guten Entscheidungsgrundlage entsprechen will. Für das Mammographie-Screenings würde eine Patientin zum Beispiel Informationen über den Nutzen des Screenings benötigen, welcher sich über die Reduktion der Brustkrebssterblichkeit sowie über die Reduktion der Gesamtsterblichkeit definiert. Zum anderen sollte der mögliche Schaden, den das Screening verursachen kann, erklärt werden. Dieser setzt sich aus der Falsch-positiv-Rate (Folge: unnötige Biopsien und unnötige Verängstigung), dem Entdecken nichtprogressiver Tumore (Folge: Überbehandlung) und den Folgen der Strahlenbelastung zusammen. Zur Auswertung eines durchgeführten Screenings wird überdies die Information benötigt, wie ein positives Testresultat zu interpretieren ist.
Exemplarisch werden die Broschüre des Nationalen Netzwerks für Frauen und Gesundheit, sowie die der Deutschen Krebshilfe, „Die blauen Ratgeber“, zur Hand genommen. In der Broschüre des Nationalen Netzwerks für Frauen und Gesundheit werden alle relevanten Informationen vermittelt, wobei die transparenten Formate der natürlichen Häufigkeiten und der absoluten Risikoreduktion verwendet werden. Die Ausgabe „Brustkrebs“ der Deutschen Krebshilfe stellt den Nutzen der Mammographie hingegen in Form der relativen Risikoreduktion, nämlich als 30 Prozent, dar. Zudem wird eine 5-Jahres-Überlebensrate von 98 Prozent nach erfolgter Operation ausgewiesen. Solche 5-Jahres-Überlebensraten sind bereits als irreführende Statistiken bekannt. So wird aus dieser Art der Statistik häufig fälschlicherweise gefolgert, dass eine höhere Überlebensrate gleichbedeutend mit mehr geretteten Menschenleben sei. Die Korrelation zwischen der Veränderung in den Überlebensraten und der Veränderung in der Sterblichkeit für die 20 häufigsten Tumore über die letzten 50 Jahre beträgt jedoch exakt 0.0. Ferner schließen die Überlebensraten auch Frauen mit nichtprogressiven Tumoren ein, die unnötig einer Lumpektomie oder Mastektomie unterzogen werden. Gøtzsche und Nielsen schätzen die Anzahl dieser unnötiger Operationen quantitativ so, dass von je 1.000 Frauen, die am Screening teilnehmen, 5 gesunde Frauen (mit einem nichtprogressiven Tumor) mit Brustkrebs diagnostiziert und unnötig operiert werden.
Die Broschüre der Deutschen Krebshilfe erwähnt das Problem der Entdeckung und der daraus häufig resultierenden unnötigen Operation von nichtprogressiven Tumoren (Schaden der Mammographie) nicht. Auch werden andere mögliche Schäden, wie beispielsweise eine Brustkrebserkrankung durch die Strahlenbelastung, nicht quantifiziert. Dieser Mangel an entscheidungsrelevanten Informationen in Patientenbroschüren ist kein Einzelfall, sondern leider gängige Praxis. Eine Auswertung von 27 deutschen und 58 australischen Patienten-Broschüren lieferte ein erschreckendes Bild. Es zeigte sich, dass weniger als 10 Prozent der Broschüren die für eine informierte Entscheidung notwendigen Fakten nennen.