Die ärztliche Aufklärungspflicht – Allgemein

Die Aufklärung des Patienten, und damit seine Zustimmung, hat generell vor jeder diagnostischen und/oder therapeutischen Maßnahme zu erfolgen.
Inhalt und Umfang der Aufklärung richten sich nach dem einzelnen Fall.

Grundsätze der Rechtsprechung:

> Je dringlicher und zwingender ein Eingriff ist, desto begrenzter ist die Aufklärungspflicht

> Je weniger dringlich ein Eingriff in zeitlicher und sachlicher Beziehung ist, desto umfangreicher und weitgehender ist die Aufklärungspflicht

Auch wenn für einen Eingriff eine absolute Dringlichkeit besteht, d.h. der Eingriff gar zur Erhaltung des Lebens des Patienten zwingend erforderlich ist, und keine Behandlungsalternativen bestehen, entfällt die Aufklärungspflicht nicht!

Das Selbstbestimmungsrecht beinhaltet auch das Recht eine aus ärztlicher Sicht unvernünftige Entscheidung zu treffen und, aus welchen Gründen auch immer, eine ärztliche Maßnahme abzulehnen.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass, auch wenn eine Therapie zur Abwehr schwerster gesundheitlicher Gefahren, vielleicht sogar mit tödlichen Folgen für den Patienten, dringend erforderlich ist, und ein Verzicht des Patienten auf die Therapie aus ärztlicher Sicht unverständlich bleibt, die Aufklärungspflicht besteht.
Die rechtlichen Konsequenzen aus einer Verletzung der Aufklärungspflicht können unter Umständen jedoch anders ausfallen, da es stets auf die Maßstäbe des konkreten Patienten ankommt, nicht etwa auf die eines „vernünftigen Durchschnittspatienten“.

Zum Beispiel, wenn der Arzt sich darauf beruft, die Verletzung der Aufklärungspflicht sei nicht der Ursprung gewesen, weil der Patient sich auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung für die Durchführung des Eingriffs entschieden hätte.

In diesem Fall muss der Patient plausibel darlegen, dass und warum er bei Kenntnis der aufklärungsbedürftigen Umstände die Behandlung abgelehnt hätte.

Allerdings ist hier das Bestehen eines Entscheidungskonflikts kritisch zu prüfen, so dass trotz Vorliegens einer Aufklärungspflichtverletzung eine Haftung wegen fehlender Kausalität der unterlassenen Aufklärung ausscheiden kann.

In mehreren Entscheidungen hat der BGH darüber hinaus die Ansicht vertreten, dass bei diagnostischen Eingriffen ohne therapeutischen Eigenwert an die Aufklärung des Patienten über die damit verbundenen Risiken deutlich strengere Anforderungen zu stellen sind als bei therapeutischen Eingriffen.

Diese vom BGH vorgenommene Differenzierung zwischen therapeutischen und diagnostischen Eingriffen ist jedoch weder sinnvoll noch geboten.

Ist eine gestellte Diagnose bereits gesichert, weil bestimmte Symptome zwingend auf eine bestimmte Erkrankung hindeuten, verbieten sich weitere diagnostische Maßnahmen ohnehin.

Führt ein Arzt trotz gesicherter Diagnose weitere diagnostische Maßnahmen durch, liegt eine so genannte „Überdiagnostik“ vor, die einen Behandlungsfehler darstellt.

Ebenso behandlungsfehlerhaft wäre es, wenn ein Arzt eine diagnostische Maßnahme durchführt, obwohl es für den Fall ihrer Bestätigung keine geeignete Therapiemöglichkeit gibt.

In beiden Fällen haftet der Arzt nach den Grundsätzen über den Behandlungsfehler.

Eine diagnostische Maßnahme darf also ohnehin nie Selbstzweck sein, sondern sie ist Voraussetzung dafür, dass mit einer Heilbehandlung des Patienten begonnen werden kann.

Darf und kann eine Therapie sinnvoller Weise aber erst nach gestellter Diagnose begonnen werden, ist es widersinnig, an die Durchführung einer diagnostischen Maßnahme strengere Anforderungen zu stellen, als an die Durchführung einer therapeutischen Maßnahme, die ja das vorherige Stellen einer Diagnose gerade voraussetzt.

Für diagnostische und therapeutische Maßnahme müssen danach einheitliche Maßstäbe gelten.

In beiden Fällen kommt es für die Frage der erforderlichen Intensität der Aufklärung auf die Dringlichkeit der Maßnahme und den Grad der Indikation an.

Erteilt ein Patient nach erfolgter Aufklärung seine Einwilligung in den geplanten Eingriff, so entfaltet diese Zustimmung keine irgendwie geartete Bindungswirkung.

Der Patient bleibt auch nach erteilter Zustimmung vollkommen uneingeschränkt in seiner Entscheidungsfreiheit.

Auch dann, wenn die Operationsvorbereitungen bereits in Gang gesetzt worden sind, selbst wenn er schon auf dem Operationstisch liegt, kann er weitere Bedenkzeit verlangen, sich nochmals über Vor- und Nachteile vergewissern, ein weiteres Aufklärungsgespräch fordern und/oder seine Einwilligung frei widerrufen.

Die Möglichkeit des Widerrufs besteht unabhängig von der Geschäftsfähigkeit des Patienten.

Auch Geschäftsunfähige können somit eine erteilte Einwilligung wirksam widerrufen.

Voraussetzung ist allein, dass der Patient eine natürliche Einsichtsfähigkeit (die so genannte Einwilligungsfähigkeit).

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Hintergrund

Lange Zeit erhielt der Patient keinerlei Informationen über die ärztlichen Behandlungen, und hatte somit auch keine Entscheidungsbefugnis über das was mit ihm geschah.

Im Gegenteil gab es die Ansicht, dass ein Patient mit einer Aufklärung und einer selbständigen Entscheidung überfordert wäre, und er die Erklärungen des Arztes nicht verstehen könne.

Die Aufklärung des Patienten wurde auch für überflüssig erachtet, da der Arzt zum Wohl des Patienten handelt, und durch seine Ausbildung, sein Wissen und seine Erfahrung besser als dieser wisse, was gut für ihn sei.

Entgegen heftigen Widerstandes der Ärzteschaft hat die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Wandlung herbeigeführt.

Ansatzpunkt waren die Prinzipien des Grundgesetzes, d.h. aus dem Recht auf Menschenwürde, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht leitet die Rechtsprechung das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ab.

Der Patient darf über seinen Körper selbst bestimmen. Es ist seine Sache, zu entscheiden, ob er sich der diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme unterziehen will oder nicht.

Dieses Selbstbestimmungsrecht gilt auch im Falle der Ablehnung einer lebenserhaltenden Maßnahme, deren Unterlassung zu seinem sicheren Tod führt. Eine freie, selbstbestimmte Entscheidung setzt aber voraus, dass der Patient die Bedeutung und Tragweite des betreffenden Eingriffs überblicken kann. Aus dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten folgt, dass die Einwilligung in den Eingriff nur dann wirksam ist, wenn er zuvor „vom sachkundigen Arzt über die für seine Entschließung wesentlichen Gesichtspunkte, in der Regel also über den ärztlichen Befund und die danach drohenden Folgen für Leib und Leben, über die Art des vorgesehenen Eingriffs, über die dadurch erwarteten Heilungschancen und über die mit dem Eingriff verbundenen Gefahren und Risiken aufgeklärt worden ist.“

Es gilt der Grundsatz des sogenannten „informed consent“.

Stellungnahme: Es ist arrogant, wenn eine Aufklärungspflicht des Arztes mit dem Argument abgelehnt wird, der Patient verstehe die medizinische Begrifflichkeit ohnehin nicht.

In unserer hochgradig arbeitsteiligen Gesellschaft wird fast jeder Arbeitende zum Spezialisten mit dem entsprechenden beruflichen Ausdrucksvermögen.

Das gilt für den Arzt ebenso wie Steuerberater, Lebensmittelchemiker oder Elektroinstallateur. Ein Arzt, der nicht in der Lage ist, sich gegenüber seinen Patienten verständlich auszudrücken und seine Fachsprache (deren übertriebene Unverständlichkeit gerade von Medizinern sorgfältig gepflegt wird) ins allgemein Verständliche zu übersetzen, ist seinen beruflichen Anforderungen nicht gewachsen und verfehlt seine Aufgaben.

Auch das Argument, der Arzt wisse besser als der Patient, was für diesen gut ist und solle deshalb an seiner Stelle entscheiden, zeugt von Überheblichkeit. So hat auch ein Architekt gegenüber seinem Bauherrn und ein Autoverkäufer gegenüber seinem Kunden ein überlegenes Wissen, ohne dass jemand auf die Idee käme, die Entscheidung über die Auswahl des Hauses oder des neuen Autos dem Kunden vorzuenthalten und sie dem Architekten oder Verkäufer zu überlassen.

Es war deshalb dringend an der Zeit, die selbstgerechte Fremdbestimmung durch gerechte Selbstbestimmung zu ersetzen. Nur der Patient selbst darf darüber entscheiden, was mit ihm, seinem Körper und seiner Gesundheit geschehen soll. Nur er kann darüber bestimmen, welchen Risiken er sich unterwerfen will, welche Nebenwirkungen er bereit ist, in Kauf zu nehmen. Es handelt sich um eine individuelle Entscheidung, die von subjektiven Erwägungen geprägt ist, es geht um höchstpersönliche Rechtsgüter, so dass es insoweit keine objektiv richtige oder objektiv falsche Entscheidung gibt, sondern nur eine persönliche, individuelle Beurteilung. Das Medizinstudium berechtigt den Arzt nicht dazu, seine eigenen subjektiven Wertungen an die Stelle der Wertmaßstäbe des Patienten zu setzen.

Vielmehr soll der Arzt den Patienten über die objektiven Chancen und Risiken einer Behandlung informieren, so dass dieser aufgrund seiner persönlichen Präferenzen eigenverantwortlich entscheiden kann.

Die Aufklärungspflicht des Arztes ist damit Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des Patienten. Jede ärztliche Maßnahme, welche die Gesundheit oder die körperliche Unversehrtheit des Patienten berührt, ist rechtswidrig, wenn sie nicht im konkreten Einzelfall durch eine Einwilligung des Patienten gedeckt ist. Die Einwilligung des Patienten wiederum ist nur dann wirksam, wenn dieser zuvor ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist. Jeder ärztliche Eingriff (d.h. auch jeder kunstgerechte Eingriff und jede nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführte Heilmaßnahme) in den Körper oder die Gesundheit des Patienten stellt damit eine Verletzung des Behandlungsvertrages und eine rechtswidrige Körperverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB dar, wenn er nicht durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gerechtfertigt ist. Darüber hinaus erfüllt auch jeder ärztliche Heileingriff diagnostischer oder therapeutischer Art nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung den Straftatbestand der Körperverletzung. Die in der Literatur vereinzelt vertretene Ansicht, dass ein lege artis durchgeführter, medizinisch indizierter Heileingriff bereits begrifflich keine Körperverletzung oder Tötung darstellt, hat sich in der Rechtsprechung nicht durchsetzen können. Die Strafbarkeit des ärztlichen Heileingriffs kann deshalb erst auf der Rechfertigungsebene ausscheiden. Als Rechtfertigungsgrund kommt die wirksame Einwilligung des Patienten in Betracht. Der BGH hierzu wörtlich: „Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit auch dann eine Körperverletzung darstellt, wenn er durch einen Arzt in heilender Absicht erfolgt und objektiv als Heilmaßnahme allgemein geeignet ist. Er kann daher im Regelfall nur durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gerechtfertigt sein.“ Die Verletzung der Aufklärungspflicht tritt damit als selbständiger Haftungstatbestand neben die Haftung für Behandlungsfehler.

Die Form der Aufklärng

Das Gespräch zwischen Arzt und Patient steht nach ständiger Rechtsprechung und ganz herrschender Meinung im Mittelpunkt der Aufklärung. Der Arzt hierbei hat den Patienten im Rahmen eines Dialogs im Großen und Ganzen über die konkreten Maßnahmen und über Chancen und Risiken zu informieren und dem Patienten eine allgemeine Vorstellung über Schwere und Tragweite des Eingriffs zu vermitteln.

Dabei ist aus der Sicht der herrschenden Meinung und der einhelligen Rechtsprechung die Aushändigung von schriftlichen Aufklärungsbögen oder Merkblättern und eine schriftliche Erklärung des Patienten, in welcher er bestätigt, die Risiken zur Kenntnis genommen zu haben, ordnungsgemäß aufgeklärt worden zu sein und in die Operation einzuwilligen, weder erforderlich noch ausreichend. Durch kein noch so ausführliches Formular kann das persönliche Aufklärungsgespräch, in welchem dem Patienten die Gelegenheit zu weiteren Fragen gegeben wird, ersetzt werden. Falls der Patient eine weitere Aufklärung wünschtt, hat der Arzt seine Fragen dabei vollständig und korrekt zu beantworten und hierbei auf konkrete Nachfrage auch medizinische Details zu erläutern, die über die grundsätzlich ausreichende Aufklärung im Großen und Ganzen hinausgehen.

Stellungnahme: Der Ausgangspunkt der herrschenden Meinung, in dem gerade der persönliche Kontakt zwischen dem Arzt und dem Patienten im Vordergrund steht und der Arzt den Patienten fürsorglich und ein wenig väterlich berät, hängt ein einer überkommenen Landarztidylle, die weder dem neuen Leitbild des selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Patienten noch den Anforderungen der modernen Medizin, noch der eingetretenen Verrechtlichung des Behandlungsverhältnisses entspricht. Diese Fokussierung auf die Mündlichkeit der Aufklärung führt zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit und zu enormen Problemen in der forensischen Praxis.

Stets muss der Arzt dabei einen Spagat versuchen: Einerseits muss er den Patienten ehrlich, offen und vollständig über alle Risiken aufklären, andererseits muss er es vermeiden, einen Patienten durch eine unsensible und schonungslose Aufklärung vor einer medizinisch dringend indizierten Maßnahme abzuschrecken oder doch erheblich zu beunruhigen. Es ist im medizinischen Alltag oft so, dass ein Arzt versuchen wird, einen auch ohne Aufklärung bereits besonders unsicheren und ängstlichen Patienten zu beruhigen und ihn von der aus objektiver medizinischer Sicht Vorteilhaftigkeit der geplanten Maßnahme zu überzeugen. In einer solchen Situation den nervösen Patienten durch die Aufzählung unzähliger äußerst seltener, wenn auch typischer Komplikationen weiter einzuschüchtern. wird er (aus seiner Sicht im wohlverstandenen Interesse des Patienten) tunlichst vermeiden.

Dies ist menschlich verständlich, rechtlich möglicherweise fatal. Die mündliche Aufklärung bietet auch für den Patienten entscheidende Nachteile. Er ist durch das spezifische Umfeld, die medizinischen Gerätschaften, den Geruch von Desinfektionsmitteln und die typische Krankenhausatmosphäre möglicherweise abgelenkt, eingeschüchtert nervös, unkonzentriert und unaufmerksam. Er versteht ein Fremdwort nicht, verpasst entscheidende Passagen, überhört etwas, möchte aber den Redefluss des Arztes nicht unterbrechen. Vielleicht spricht der Arzt für den Patienten zu schnell, zu monoton, mit einem schwer verständlichen Akzent, nuschelt oder ohne den nötigen Ernst. Es hängt oft von den Einleitungsworten des aufklärenden Arztes ab, ob dieser den Patienten inhaltlich erreicht.

Die Risikoaufklärung kann wie folgt eingeleitet werden: „Sie wissen jetzt, wie der wichtige Eingriff, den Sie machen lassen müssen, abläuft. Aus rein rechtlichen Gründen muss ich Ihnen jetzt noch ein paar Sachen aufzählen. Sie wissen ja wie die Juristen sind.“ Unter diesen Umständen wird der Patient nichts mehr von den nachfolgenden Ausführungen aufnehmen. Wenn sich ein Risiko verwirklicht, der Patient einen Behandlungsfehler, für dessen Vorliegen er beweisbelastet ist, nicht nachweisen kann und er sich jetzt auf eine Aufklärungspflichtverletzung beruft, dann wird es interessant. Zu diesem ohne Zeugen geführten Aufklärungsgespräch hört der Richter dann den Arzt und den Patienten an. Ob ein bestimmtes Wort in der oben geschilderten Situation in dem zwei Jahre zuvor geführten Dialog gefallen ist oder nicht, kommt es an. Dass der Arzt dieses eine Risiko erwähnt hat, daran erinnert sich der Patient nicht – zumindest behauptet er, sich nicht zu erinnern. Der Arzt erinnert sich ebenfalls nicht an dieses Aufklärungsgespräch – zumindest behauptet er, sich nicht daran zu erinnern. Aber er weiß, dass er üblicherweise gerade auf dieses Risiko immer hinweist – zumindest behauptet er dies.

Der Richter muss dann entscheiden, wem er glaubt. Einer Partei hilft selbst die unbedingte Glaubwürdigkeit auch nicht viel weiter. Dass ein äußerst glaubwürdiger Patient aussagt, dass er auf ein bestimmtes Risiko nicht hingewiesen worden ist, kann bedeuten, dass der Arzt es eben nicht erwähnt hat, es kann aber auch bedeuten, dass der Patient gerade in diesem Moment abgelenkt war, es überhört hat, es einfach wieder vergessen oder verdrängt hat. Die Tatsache, dass ein Arzt glaubhaft machen kann, dass er üblicherweise auf ein bestimmtes Risiko hinweist, heißt nicht, dass er es auch gerade in diesem konkreten Fall getan hat. Wie oft vergisst man etwas im Alltag? Ob der Arzt zu schnell gesprochen hat oder sich zu unverständlich ausgedrückt hat, ob er ein bestimmtes Wort gebraucht hat oder einen Hinweis später wieder verharmlost hat, darüber hat der Richter jetzt zwei Jahre später zu entscheiden. Wenn in Zukunft die herkömmliche Krankenakte mit ihren chronologischen, vor nachträglichen Verfälschungen und Veränderungen weitgehend geschützten Eintragungen zukünftig durch die elektronische Patientenakte ersetzt wird, die jederzeit problemlos ergänzt, korrigiert, entfernt oder verändert werden kann, werden diese beweisrechtlichen Unsicherheiten noch deutlich zunehmen.

Deshalb spricht Oehler zu Recht davon, dass der Arzthaftungsprozess insoweit zum Glaubensprozess mutiert. Deshalb sollte die Rechtsprechung von der Forderung nach einer mündlichen Aufklärung abkommen. Es wäre im Interesse der Rechtssicherheit und im Interesse von Arzt und Patient und der Justiz, wenn für Aufklärung und Einwilligung die Schriftform erforderlich aber auch ausreichend wäre. Der Patient kann ungestört und in Ruhe die Hinweise studieren und sie dabei so intensiv und so oft lesen wie er will und bei allen verbleibenden Unsicherheiten immer noch nachfragen. Darauf, dass der Patient selbständig, eigenverantwortlich und autonom in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechtes entscheiden kann, basiert der gesamte Gedanke der Notwendigkeit der Aufklärung.

Man sollte dies auch ernst nehmen und einem Patienten zutrauen, ein ihn betreffendes schriftliches Aufklärungsformular auch zu lesen und bei Zweifeln nachzufragen. Die Aufklärungsbögen können ausführlich formuliert, verständlich, aktuell und umfassend sein, ohne dass es auf das Wissen, die Tagesform, die sprachlichen oder pädagogischen Fähigkeiten des einzelnen Arztes ankommt. Und für alle Beteiligten wäre die Rechtslage klar und einfach zu erkennen: Es liegt keine Aufklärungspflichtverletzung vor, wenn das entsprechende Risiko auf dem Aufklärungsbogen verständlich aufgeführt wird.

Handelt es sich um ein typisches Risiko und fehlt es auf dem Aufklärungsbogen, fehlt es an einer wirksamen Aufklärung. Die derzeit bestehende erhebliche Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Ausgangs eines auf der Aufklärungsrüge gestützten Rechtstreites und hinsichtlich des Nachweises einer ordnungsgemäßen Aufklärung wäre ebenso beendet wie der kaum überschaubare Anstieg von Prozessen, die mit einer Aufklärungspflichtverletzung begründet werden.

 

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Risikoaufklärung – Sonderfall Todesfolge

> Es ist nicht erforderlich, dass der Arzt ausdrücklich auf ein bestehendes Risiko der Operation mit Todesfolge hinweist. Es reicht aus, dass der Patient über die einzelnen Komplikationen wie die:

  • Verletzung von Nachbarorganen,
  • Verletzung der Hauptschlagader, oder
  • Thrombose

aufgeklärt wird. Aus diesen Risiken ergibt sich, ohne weiteres, dass in ungünstig verlaufenden Behandlungen die Gefahr schwerer Gesundheitsrisiken und sogar des Todes besteht.

Ist mit der Behandlung allerdings, eine unmittelbare Lebensbedrohung verbunden, und die Gefahr des Todes naheliegend bzw. wahrscheinlich, ist dies deutlich zu machen.

 

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Behandlungsalternativen – Allgemeines

Grundsätzlich gilt:

Die Wahl der Behandlungsmethode ist Obliegenheit des Arztes.

> D.h. Der Arzt muss nicht ungefragt erläutern, welche Methoden in Betracht kommen, und was für oder gegen die jeweiligen Methoden spricht.

Die angewendete Methode hat nur dem medizinischen Standard zu entsprechen. Dann kann er eigenständig die Methode wählen, die er für geeignet hält und in der er am besten geübt ist (Grundsatz der Therapiefreiheit). Entscheidet sich der Arzt für eine Methode, darf er generell davon ausgehen, dass der Patient seiner Entscheidung vertraut, und keine ausführliche gegenständliche Informierung über spezifische, medizinische Fragen erwartet. Abweichendes gilt bei folgenden Fällen:

1. Bei mehreren, gleichermaßen sinnvollen, medizinisch indizierten Therapien

und

2. Wenn diese Behandlungsalternativen wesentliche, andere Risiken aufweisen.

> Ist die vom Behandelnden vorgeschlagene Therapiemethode allerdings ausnahmslos vorteilhafter, sachdienlicher und risikoloser, als die mögliche Alternative, besteht keine Hinweispflicht auf die schlechtere Behandlungsmöglichkeit.

 

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Risikoaufklärung – Sonderfall Schönheitschirurgie

BGH Zitat:

„Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher ist der Patient…zu informieren. Das gilt in besonderem Maße für kosmetische Operationen… Der Patient muss… darüber unterrichtet werden, welche Verbesserungen er günstigstenfalls erwarten kann, und ihm müssen etwaige Risiken deutlich vor Augen gestellt werden, damit er genau abwägen kann, ob er…darüber hinaus sogar bleibende Entstellungen…in Kauf nehmen will, selbst wenn diese auch nur entfernt als eine Folge des Eingriffs in Betracht kommen. …es gehört zu der besonderen Verantwortung des Arztes, der eine kosmetische Operation durchführt, seinem Patienten das Für und Wider mit allen Konsequenzen vor Augen zu stellen.“

OLG Hamm Zitat:

„Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass Patienten vor kosmetischen Operationen über die Erfolgsaussichten und Risiken des Eingriffs wie etwa bleibende gesundheitliche Beeinträchtigungen besonders sorgfältig und umfassend aufzuklären sind.“

> Nach Ansicht des OLG Hamm muss die Aufklärung deshalb „hinreichend drastisch und schonungslos“ sein.

> Das OLG Frankfurt verlangt, dass der Patient „umfassend und schonungslos über die Erfolgsaussichten und Risiken des Eingriffs“ aufgeklärt“ wird.

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Risikoaufklärung – Intensität und Umfang

Wie exakt die denkbaren Risiken in der Aufklärung erörtert werden müssen, und ob und inwieweit über weitere Folgen, die sich ihrerseits aus der Realisation eines Risikos ergeben, aufgeklärt werden muss, ist bislang noch in der Schwebe.

Generell ist zu sagen, dass für die Intensität und den Umfang der Aufklärung folgende Punkte entscheidend sind:

1. die charakteristische Einheit des Risikos mit dem Eingriff,
2. die Nichterkennbarkeit des Risikos für einen Laien/Patienten,
3. die Schwere des Risikos bei Eintritt dessen,
4. die medizinische Dringlichkeit des Eingriffs,
5. die Häufigkeit des Komplikationseintritts und
6. die Möglichkeit des Fehlschlages.

> Es gilt, dass umso mehr aufzuklären ist, je gravierender der Eintritt des Risikos für den Patienten wäre, und erst recht dann, wenn der Eintritt des Risikos für den Patienten als Laie völlig überraschend wäre!

> Gerade die Möglichkeit, dass ein mit Risiken behafteter Eingriff nicht den ersehnten Erfolg bringt, ist ein Faktor, der für die Entscheidungsfindung des Patienten von ausschlaggebender Bedeutung ist.

Die hinreichende Aufklärung liegt vor, wenn der Patient eine „ungefähre Vorstellung“ von der Höhe des Risikos hat.

Um eine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs zu haben, ist es nicht erforderlich, dem Patienten genaue Prozentzahlen über die Möglichkeit des Eintritts des Risikos zu geben.

Der Arzt darf auch unbestimmte Ausdrucke wie „selten“ oder „gelegentlich“ benutzen, um die Höhe des Risikos zu beschreiben.

Es liegt aber eine Aufklärungspflichtverletzung vor, wenn der Arzt ein relativ vielfach auftretendes Risiko verharmlost, und dadurch missverständliche Vorstellungen über das Ausmaß der Gefahr auslöst.

 

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Risikoaufklärung – Anästhesie/Narkose

Die Lokalanästhesie bzw. die Allgemeinnarkose sind eigenständige Eingriffe.

> Diese sind rechtswidrig, wenn sie nicht durch eine eigenständige, wirksame Einwilligung des Patienten gerechtfertigt sind!

Die Aufklärung über die Operation, und die vom Patienten erteilte Einwilligung zu dieser Operation, beinhaltet damit nicht die Einwilligung in die Narkose.

Die Anästhesie hat im Rahmen einer eigenen Aufklärung den Patienten über die Art und Weise der Narkose und den damit verbundenen Eigenrisiken aufzuklären.

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Risikoaufklärung – Spezifische Risiken

Der Patient ist ebenso über alle, spezifische Risiken aufzuklären.

Dies gilt auch, wenn diese Risiken statistisch als selten oder unwahrscheinlich gelten. Ausschlaggebend ist allein, dass es ein Risiko ist, das mit der Operation typischerweise einhergeht.

Eine Entscheidung des BGH besagt:

> Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit eines spezifischen Risikos bei nur 0,1 Promille liegt, ist darüber aufzuklären!

Weiterhin reicht es nicht aus, den Patienten nur über das schwerste spezifische Risiko aufzuklären. Die Aufklärung weniger schwerer Risiken, gegenüber dem Hauptrisiko, ist in keiner Weise entbehrlich.

Dies gilt schon deshalb, da die Gewichtung der Risiken alleine der Patient nach seiner subjektiven Beurteilung vornehmen soll. Ein objektiv weniger schweres Risiko kann einen Patienten durchaus nach seinen eigenen Maßstäben schwerer belasten.

Anderes gilt nur, wenn das spezifische Risiko so selten und so außergewöhnlich ist, dass es für die Entscheidungsfindung des Patienten keine Bedeutung haben kann.

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Folgen des Selbstbestimmungsrechtes

Jeder ärztliche Eingriff, in den Körper oder die Gesundheit des Patienten, stellt eine Verletzung des Behandlungsvertrages und eine rechtswidrige Körperverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB dar, wenn sie nicht durch eine Einwilligung des Patienten gedeckt ist.

Die Einwilligung des Patienten ist nur wirksam, wenn dieser zuvor ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist.

Die Pflicht des Arztes zur Aufklärung des Patienten, ist damit Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts.

Daraus folgt:

Die Einwilligung ist wirksam, wenn der Patient von einem sachkundigen Arzt über die für seinen Entschluss wesentlichen Punkte, also über

  • den ärztlichen Befund
  • die drohenden Folgen für Leib und Leben
  • die Art des vorgesehenen Eingriffs
  • die dadurch erwarteten Heilungschancen
  • die mit dem Eingriff verbundenen Gefahren und Risiken

aufgeklärt worden ist.

> Die Verletzung der Aufklärungspflicht tritt damit als selbständiger Haftungstatbestand neben die Haftung für Behandlungsfehler!

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Rechtliche Voraussetzungen

Die Grundsätze der ärztlichen Aufklärungspflicht wurden von der Rechtsprechung entwickelt. Eine generelle gesetzliche Regelung fehlt.

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze finden sich aber in Spezialgesetzen wiedergegeben vgl. § 3 Abs. 1 Kastrationsgesetz.

Aus dieser Norm lässt sich der Inhalt der Aufklärungspflicht gut erkennen. Danach muss der Patient informiert und aufgeklärt werden, über:

  1. den Grund, d.h. über die gestellte Diagnose,
  2. die Bedeutung, d.h. über das, was geschehen soll,
  3. die ärztliche Behandlungsmaßnahme,
  4. die Nachwirkungen und
  5. andere in Betracht kommende Behandlungsmöglichkeiten.

> Bei o.g. ist auf Umstände zu achten, denen der Patient erkennbar eine Bedeutung für die Entscheidung und somit der Einwilligung beimisst.

Inhalt und Umfang der Aufklärung richtet sich somit nach dem Einzelfall. Eine pauschalisierte Betrachtungsweise gibt es nicht. Es kommt auf die (für den Arzt erkennbaren) Bedürfnisse an.

Die gebotenen Aufklärung richtet sich also nach der individuellen Situation des Patienten, insbesondere nach Beruf, Alter, Hobby und weiteren für ihn persönlich wichtigen Kriterien, die er ihm Rahmen der Anamnese oder durch Fragen während des Aufklärungsgespräches zum Ausdruck bringt.

> Die Aufklärungsbedürftigkeit richtet sich nach dem Stellenwert und der Bedeutung, welche eine Tatsache für die Entscheidung des Patienten haben kann.

Abgeleitet daraus wurden folgende Aufklärungsarten:

  1. die Diagnoseaufklärung
  2. die Behandlungsaufklärung
  3. die Risikoaufklärung und
  4. die Aufklärung über Behandlungsalternativen

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Diagnoseaufklärung

In der gerichtlichen Praxis spielt die Diagnoseaufklärung kaum eine Rolle für den Patienten. Sie besagt nur, dass der Patient das Recht hat, über den medizinischen Befund informiert zu werden.

D.h. er hat einen Anspruch darauf zu erfahren, ob und dass er krank ist, an welcher Krankheit er leidet und wie der zukünftigen Krankheitsverlauf ist.

Hier gibt es ein Spannungsverhältnis zwischen Medizinern, die die Gesundheit des Patienten in den Vordergrund stellen, und Juristen, die das Selbstbestimmungsrecht des Patienten zur Grundlage haben.

Aus medizinischer Sicht kann eine Diagnoseaufklärung des Patienten, über sein (mögliches) Schicksal und die Art seiner Erkrankung, seinen Lebenswillen rauben und ihm jede Hoffnung nehmen. Aber gerade Lebenswille und Hoffnung sind meist ein besonders wichtiges Heilmittel.

Aber die Diagnose einer tödlichen Erkrankung darf der Arzt dem Patienten nicht verschweigen.

Der betroffene Patient muss die Gelegenheit haben, seine persönlichen, familiären und beruflichen Anliegen zu ordnen, sich gedanklich auf den Tod einzustellen, ein Testament zu erstellen, die Art seiner Bestattung zu regeln, einen Unternehmensnachfolger zu berufen, oder letzte rechtsgeschäftliche oder persönliche Vorkehrungen zu treffen.

Nur sehr extreme Ausnahmefälle sind denkbar, in denen die Fürsorgepflicht des Arztes gerade dessen Schweigen gebietet.

Ein Beispiel wäre ein psychisch labiler Patient, bei dem die Offenbarung der Diagnose einen völligen Zusammenbruch herbeiführen würde, und es aus therapeutischen Gründen geboten wäre, dem Patienten die Wahrheit vorzuenthalten.

Fehler bei der therapeutischen Sicherungsaufklärung

Unter dem Begriff der therapeutischen Sicherungsaufklärung versteht man die Anweisungen des Arztes, die er seinen Patienten zur Sicherstellung des Behandlungserfolgs erteilt. Hinweise und Informationen, die er dem Patient vor einer Behandlung bezüglich deren Verlauf und Risiken erteilt, fallen allerdings in den Bereich der eigentlichen Aufklärung. Zur therapeutischen Sicherungsaufklärung gehören hingegen insbesondere Hinweise und Ratschläge. Daneben zählt aber zum Beispiel auch die Anweisung zur Einnahme der verordneten Medikamente zur Sicherungsaufklärung. Sofern allerdings gravierende Nebenwirkungen eines Medikaments in Betracht kommen, handelt es sich bei der Aufklärung über diese um eine Risikoaufklärung, für die der Arzt darlegungs- und beweispflichtig ist. Im Rahmen der therapeutischen Sicherungsaufklärung muss er den Patient jedoch über die grundsätzlichen Folgen und Nebenwirkungen der medikamentösen Behandlung aufklären und ihn zur Einhaltung von entsprechenden Verhaltensmaßregeln anhalten. Hinweise des Arztes auf Verhaltensmaßregeln, die bei Operationen beachtet werden müssen, gehören ebenso dem Bereich der Sicherungsaufklärung an. Beispielhaft ist hierfür der Hinweis nach einer Augenoperation Erschütterungen zu vermeiden. Verhaltensmaßregeln, welche die allgemeinen Lebensführung betreffen, wie etwa die Anweisung, eine Diät einzuhalten, sich viel zu bewegen, nicht zu rauchen oder etwa keinen Alkohol zu trinken, sind als weitere Beispiele zu nennen.

Die Beratung als Hauptpflicht

Es gibt darüber hinaus auch Arzt-Patienten-Verhältnisse, die nicht eine Behandlung, sondern ausschließlich eine Beratung zum Gegenstand haben. Dies ist insbesondere bei der genetischen Beratung der Fall. Wenn aufgrund einer genetischen Beratung zum Beispiel eine in der Familie aufgetretene Erbkrankheit für ein geplantes Kind vom Arzt ausgeschlossen wurde, kann ein Schadenersatzanspruch aufgrund einer fehlerhaften Beratung entstehen, wenn dennoch ein erbkrankes Kind geboren wird. Ein weiters Beispiel für eine rein beratende Behandlung ist beispielsweise dann gegeben, wenn der Arzt mit dem Patient erörtert, ob eine Psychotherapie oder eine Heilkur angezeigt ist.

Der Zeitpunkt der Aufklärung

Vor dem geplanten Eingriff muss der Patient so rechtzeitig über dessen Erfolgsaussichten und Risiken aufgeklärt werden, „dass er durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in angemessener Weise wahren kann.“ Dass der Patient eine angemessene und ausreichende Überlegensfrist zu seiner freien Willensbildung erhält, ist erforderlich.

Einerseits differenziert die Rechtsprechung zwischen „einfachen“ bzw. „normalen“ Eingriffen und „schweren“ Eingriffen und andererseits zwischen ambulanten und stationären Eingriffen. Folgendes gilt im Einzelnen: Es gilt der Grundsatz, dass die Aufklärung so früh wie irgend möglich zu erfolgen hat. Die Aufklärung soll Grundsätzlich bereits zu dem Zeitpunkt vorgenommen werden, zu dem der Arzt dem Patienten zu der Operation rät und einen festen Operationstermin vereinbart. In diesem Augenblick bereits verlangt der Arzt von dem Patienten eine Vorentscheidung.

Keine Rechtfertigung für ein Aufschieben der Aufklärung stellen organisatorische Schwierigkeiten des Klinikbetriebs dar. Die Aufklärung des Patienten darf sich nicht deshalb verzögern, weil sich der Chefarzt die Entscheidung über die Operation vorbehalten hat und die Chefarztvisite erst am Tag der Operation stattfindet. Bei Eingriffen mit einem geringen Risiko oder einfachen Eingriffen muss die Aufklärung nicht zwingend bei der Terminsvereinbarung erfolgen, sondern es reicht unter Umständen auch eine spätere Aufklärung aus, wobei es auf den Einzelfall ankommt.

Jedenfalls muss die Aufklärung bei operativen Eingriffen, die im Rahmen eines stationären Aufenthaltes durchgeführt werden sollen, spätestens am Tag vor der Operation und vor der stationären Aufnahme erfolgen. Wenn der Patient nämlich erst einmal durch die stationäre Aufnahme in den Krankenhausbetrieb eingegliedert worden ist, hat er regelmäßig Hemmungen, sich noch gegen den Eingriff zu entscheiden. Er kann sein Selbstbestimmungsrecht nicht mehr uneingeschränkt ausüben weil er dann unter einem gewissen psychischen Druck und Steht. Grundsätzlich ist eine Aufklärung am Vorabend der Operation verspätet und reicht nicht aus. Es ist durch den Fortschritt in der Medizin in zunehmendem Maße möglich, Operationen auch ambulant durchzuführen.

Auch größere Operation mit beträchtlichen Risiken können mittlerweile ambulant durchgeführt werden. Deshalb ist grundsätzlich auch bei größeren ambulanten Operationen eine Aufklärung spätestens am Tag vor der geplanten Operation erforderlich. Eine Aufklärung am Operationstag selbst ist regelmäßig nicht mehr rechtzeitig. Es reicht bei kleineren ambulanten Eingriffen hingegen aus, wenn die Aufklärung am Tag des Eingriffs erfolgt. Der Patient darf in keinem Fall (auch nicht bei kleineren ambulanten Operationen) so kurzfristig aufgeklärt werden, dass er „schon während der Aufklärung mit der anschließenden Durchführung des Eingriffs rechnen muss und deshalb unter dem Eindruck stehen kann, sich nicht mehr aus einem bereits in Gang gesetzten Geschehensablauf lösen zu können.“ Sozusagen vor der Tür des Operationssaals ist die Aufklärung stets zu spät.

In keinem Fall mehr ist das Selbstbestimmungsrecht des Patienten damit gewahrt, wenn die Aufklärung zu einem Zeitpunkt stattfindet, in dem der Patient bereits auf die Operation vorbereitet wird, sich schon auf dem Operationstisch befindet oder bereits Medikamente zur Durchführung der Operation verabreicht bekommen hat. Die soeben dargelegten Grundsätze gelten nicht bei plötzlich erforderlich werdenden Notoperationen, da eine Aufklärung in diesen Fällen naturgemäß nicht früher erfolgen kann. Die Rechtsprechung stellt besonders hohe Anforderungen an die Aufklärung vor Schönheitsoperationen.

Folgendes führt das OLG Frankfurt hierzu aus:„Ein Patient muss vor einer medizinisch nicht dringlich gebotenen Operation so rechtzeitig über den Umfang des Eingriffs und die damit verbundenen Risiken aufgeklärt werden, dass er in der Lage ist, eine eigenständige Entscheidung über das Für und Wider der Operation zu treffen. Deshalb muss das Aufklärungsgespräch grundsätzlich schon bei der Vereinbarung eines Termins für die stationäre Aufnahme erfolgen. Bei kosmetischen Operationen müssen strenge Maßstäbe angelegt werden. Wenn dort verlangt wird, dass der Patient umfassend und möglicherweise sogar schonungslos über sämtliche Risiken aufgeklärt wird, dann muss sich diese Zweck-Mittel-Relation auch auf den Zeitpunkt der Aufklärung auswirken, denn hier gewinnen die Risiken einer medizinischen Behandlung wegen deren fehlender Indikation ein ganz anderes Gewicht.“ Das OLG Frankfurt hält unter diesen Gesichtspunkten eine Aufklärung am Vortag einer kosmetischen Operation auch dann für verspätet, wenn es nur um die Aufklärung von „erheblichen kosmetischen Folgen“ geht.

Folgendes gilt somit zusammengefasst: Stationäre Behandlung: A. Kleiner Eingriff 1. Spätestens am Vortag der Operation hat die Aufklärung zu erfolgen. Eine Aufklärung am Vorabend der Operation ist regelmäßig zu spät. Die Aufklärung muss hierzu spätestens am Tag der stationären Aufnahme erfolgen. Wenn sich der Patient nämlich erst einmal im wahrsten Sinne des Wortes fest eingebettet in das Krankenhaus befindet, verliert er die für eine freie Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts erforderliche nötige Distanz und Eigenständigkeit. B. Schwerer Eingriff 2. Bereits bei Festlegung des Operationstermins hat die Aufklärung zu erfolgen. Ambulante Behandlung: A. Kleiner Eingriff1. Die Aufklärung kann noch am Tag der Operation erfolgen. Jedoch muss sie zeitlich so deutlich von dem Eingriff getrennt sein, dass der Patient nicht den Eindruck gewinnt, der Geschehensablauf sei bereits unaufhaltsam in Gang gesetzt. Vor der Tür des Operationssaals ist eine Aufklärung stets zu spät. Für eine selbstbestimmte Entscheidung muss dem Patienten stets genügend Zeit verbleiben. B. Schwerer Eingriff 2. bereits bei Festlegung des Operationstermins hat die Aufklärung zu erfolgen, spätestens aber am Vortag der Operation.

Narkoserisiko: Abweichend von den obigen Ausführungen die muss Aufklärung über Narkoserisiken auch bei schweren ambulanten oder stationären Eingriffen erst am Vorabend der Operation erfolgen. Dies begründet die Rechtsprechung damit, dass es dem Patienten im Allgemeinen auch zu diesem Zeitpunkt noch möglich ist, „normale Narkoserisiken abzuschätzen und zwischen den unterschiedlichen Risiken ihm alternativ vorgeschlagener Narkoseverfahren abzuwägen“. Eine am Operationstag erfolgte anästhesiologische Aufklärung ist verspätet. Notoperationen: Eine Aufklärung muss auch vor Notoperationen erfolgen. Naturgemäß können die oben dargestellten Fristen hierbei jedoch nicht eingehalten werden.

Deshalb ist ausreichend, dass die Aufklärung so früh wie möglich erfolgt und insbesondere bevor der Patient unter dem Einfluss von Medikamenten steht und bevor er auf die Operation vorbereitet wird. Die Rechtsprechung ist bei der Annahme eines derartigen Notfalls eher restriktiv. Insbesondere dafür reicht es nicht aus, dass in der betreffenden Klinik die Entscheidung für die Vornahme der Operation solange hinausgezögert wird, bis die Operation dringend indiziert ist und eilt. Vielmehr ist maßgebend, wann aus objektiv-medizinischen Gründen die Operationsentscheidung zu treffen war. Das ist bereits dann der Fall, wenn deutliche Anzeichen dafür bestehen, dass eine Operation erforderlich werden kann. Dem gemäß liegt ein Notfall nur dann vor, wenn die Operation dringend indiziert ist und dies früher aus objektiver Sicht nicht absehbar war.

Stellungnahme: Für die medizinische Praxis stellt die Differenzierung zwischen einfachen und schwereren Eingriffen eine erhebliche Rechtsunsicherheit dar und begründet ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko bei verspäteter Aufklärung. Man sollte sich auf den Sinn und Zweck der Aufklärung zurückbesinnen Bevor man die Rechtsprechung deshalb voreiliger Kritik unterzieht: Die Einwilligung eines Patienten in eine Operation ist nur wirksam, wenn der Patient zuvor ordnungsgemäß über Inhalt, Chancen, Risiken und Alternativen aufgeklärt worden ist. Wirksam einwilligen kann nur der aufgeklärte Patient. Wird der Patient erst dann aufgeklärt wenn er sich zur Durchführung einer geplanten Operation ins Krankenhaus begibt und, hat er die Einwilligung zur Operation bereits zuvor bei der Terminsvereinbarung abgegeben. Eine Aufklärung, die zeitlich nach der Einwilligung erfolgt, kann ihren Zweck, die Entscheidung des Patienten vorzubereiten und sie erst rechtswirksam möglich zu machen, jedoch nicht mehr erfüllen. Der Patient hat darüber hinaus bei einer Aufklärung erst nach erfolgter Aufnahme im Krankenhaus aufgrund des dann bestehenden Zeitdrucks nicht mehr die Möglichkeit, sich eine andere ärztliche Meinung einzuholen oder sich mit Freunden oder Angehörigen in Ruhe über die (aus seiner Sicht bereits getroffene) Entscheidung zu beraten. Es entsteht bei einem Patienten schließlich auch dann, wenn er nach erfolgter Aufklärung unsicher geworden ist, eine psychische Hemmung, die mit der Terminsfestlegung in Gang gesetzte medizinische Maschinerie wieder zu stoppen. Deshalb bleibt es dabei, dass die Aufklärung zeitlich vor der Einwilligung und damit vor der Terminsbestimmung zu erfolgen hat. Dabei ergeben sich kaum Änderungen für den Behandlungsablauf.

Wenn nach abgeschlossener Diagnostik der Arzt mit dem Patienten einen Operationstermin vereinbart, tut er dies, weil er eine Operation für indiziert hält. Wenn er den Patienten bei dieser Operationsempfehlung vor der Vereinbarung des Termins zugleich auch über die damit verbundenen Chancen und Risiken aufklärt, stellt das keinen großen Aufwand dar. Damit wäre zweifelfrei die Entscheidungsfreiheit des Patienten gewahrt und die bestehende Rechtsunsicherheit für die Ärzteschaft beseitigt. Der Arzt verlangt mit der Vereinbarung eines Termins von dem Patienten im Übrigen eine Vorentscheidung, die er redlicherweise von dem Patienten aber nur dann fordern kann, wenn er ihn auch zuvor über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt hat.

Insoweit führt der BGH wörtlich aus: „Soll ein Patient einem Arzt gegenüber definitiv seine Bereitschaft erklären, sich bei ihm zu einem genau festgelegten und in absehbarer Zeit liegenden Termin einem bestimmten operativen Eingriff zu unterziehen, ohne dass dies noch von dem Vorliegen wichtiger Untersuchungsbefunde abhängig gemacht wird, dann hat das auch Einfluss auf die rechtliche Verpflichtung des Arztes zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts dieses Patienten durch Aufklärung. Manche Patienten bauen dadurch schon psychische Barrieren auf, die es ihnen schwer machen, später, etwa nach einer erst am Tag vor der Operation erfolgenden Risikoaufklärung, die Operationseinwilligung zu widerrufen.

Zum Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Patienten ist es deshalb erforderlich, dass ein Arzt, der einem Patienten eine Entscheidung über die Duldung eines operativen Eingriffs abverlangt und für diesen Eingriff bereits einen Termin bestimmt, diesen nicht nur umfassend über die Vorteile der Operation gegenüber einer Nichtbehandlung oder einer konservativen Behandlungsmethode bzw. über andere in Betracht kommende Operationsmethoden informiert, sondern ihm auch die Risiken aufzeigt, die mit diesem Eingriff verbunden sind. Es sind keine medizinischen Interessen erkennbar, die es generell geboten erscheinen lassen, mit der Risikoaufklärung zu warten, etwa bis zur Aufnahme des Patienten ins Krankenhaus zu dem vorbestimmten Termin.“

Nicht überzeugend ist das gegen die Durchführung einer frühen Aufklärung gerichtete Argument, „ein großer Teil der Patienten wird dankbar sein, wenn die Aufklärung nicht so früh erfolgt, damit ihnen die Qual der Wahl erspart bleibt“ zudem richtet sich in Wahrheit weniger gegen die Frühzeitigkeit der Aufklärung als vielmehr gegen eine Aufklärung überhaupt. Sinn und Zweck der Aufklärung wird vollends ad absurdum geführt, wenn verlangt wird, dass „die Bedenkzeit zugunsten des ängstlichen Patienten abgekürzt werden kann und muss, damit er den erforderlichen Eingriff so schnell wie möglich ohne die mit längeren Überlegungen verbundenen Qualen hinter sich zu bringen.“

Die Patientenautonomie und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten wird von dieser Meinung in seiner Bedeutung als elementares Grundrecht verkannt und stattdessen als Last verstanden, welche dem Patienten am besten erspart werden sollte nach dem bevormundenden Motto: „Besser der Patient weiß von nichts“. Eine „verfrühte Aufklärung“ kann es indes per se nicht geben. Umso frühzeitiger die Aufklärung erfolgt, desto eher hat der Patient die Möglichkeit, sich über die Bedeutung des Eingriffs klar zu werden, in der Fachliteratur nachzulesen, Vor- und Nachteile des Eingriff gründlich abzuwägen, anderweitigen (ärztlichen oder sonstigen) Rat einzuholen und ohne den Druck einer bereits in Gang gesetzten Gesundheitsmaschinerie und einer unmittelbar bevorstehenden Operation eigenverantwortlich und selbstbestimmt eine Entscheidung zu treffen.

Der Gedanke, einen Patienten vor der Entscheidungsfreiheit und der damit verbundenen Information, was mit ihm geschieht, schützen zu müssen, stellt einen Verstoß gegen die Menschenwürde dar und ist zudem verfassungswidrig, weil der Patient dadurch zum bloßen Behandlungsobjekt herabgesetzt wird. Das Argument ist zum anderen auch rechtlich nicht stichhaltig, denn kein Patient muss gegen seinen Willen aufgeklärt werden. Der angeführte ängstliche Patient kann nämlich jederzeit auf die Aufklärung verzichten. Zum Selbstbestimmungsrecht des Patienten gehört nämlich auch das. Dies ist dann eben seine Entscheidung und nicht die patriarchalisch und den Patienten entmündigende Entscheidung des väterlich bestimmenden Arztes, der besser als der Patient weiß, was gut für diesen ist. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten kann somit nur durch eine frühzeitige Aufklärung gewährleistet werden.

Eine verspäteten Aufklärung und ihre Rechtsfolgen: Erfolgt die Aufklärung vor einem Eingriff verspätet, ist die erteilte Einwilligung des Patienten nicht per se unwirksam, sondern die Wirksamkeit hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere davon, „ob unter den jeweils gegebenen Umständen der Patient noch ausreichend Gelegenheit hatte, sich in den ihm dafür ohnehin infolge seiner Krankheit begrenzten Möglichkeiten innerlich frei zu entscheiden.“ Dass der Patient gerade durch die Verspätung der Aufklärung in seinem Selbstbestimmungsrecht beeinträchtigt wird, ist entscheidend. Hierzu muss der Patient fundiert vortragen, falls sich die Arztseite auf das Vorliegen einer hypothetischen Einwilligung und damit auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten beruft. Dabei muss der Patient deutlich machen, dass ihn die verspätete Aufklärung in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt hat und er vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte, wenn ihm die Risiken der Operation rechtzeitig verdeutlicht worden wären.

Beispiel: Mit dem Patienten vereinbart der Arzt einen Operationstermin, der in fünf Wochen stattfinden soll. Es handelt sich dabei um eine schwere Operation mit erheblichen Risiken. Ein umfassendes Aufklärungsgespräch findet eine Woche später und damit noch vier Wochen vor dem Termin statt. Die Aufklärung war mithin verspätet und hätte hier bereits zum Zeitpunkt der Terminsvereinbarung erfolgen müssen. Diese Verspätung hat sich allerdings nach den Umständen des konkreten Falles nicht ausgewirkt, da der Patient gleichwohl noch ausreichende Zeit hatte, selbstbestimmt (insbesondere ohne bereits stationär aufgenommen zu sein und ohne durch bereits in Gang gesetzte Operationsvorbereitungen unter psychischen Druck zu stehen) Nutzen und Risiken des Eingriffs gründlich abzuwägen.

Liegt eine Beeinträchtigung des Selbstbestimmungsrechts angesichts der konkreten Umstände auf der Hand (z.B. Patient liegt beim Aufklärungsgespräch bereits auf dem Operationstisch) oder hat der Patient begründet vorgetragen, dass sich die Verspätung auf seine Entscheidungsfreiheit ausgewirkt hat, muss der Arzt nachweisen, dass sich die Verspätung nicht ausgewirkt hat und sich der Patient trotz der verspäteten Aufklärung frei und selbstbestimmt für den Eingriff entschieden hat. Wenn der Patient auch bei rechtzeitiger Aufklärung in den Eingriff eingewilligt hätte. dann fehlt es danach insbesondere an einer Kausalität der Verspätung.

Wenn der Patient etwa schon vor der Aufklärung fest entschlossen war, den Eingriff vornehmen zu lassen, z.B. weil dieser die einzige Möglichkeit ist, von seinen massiven Schmerzen befreit zu werden, der Eingriff absolut indiziert ist und es keine Behandlungsalternativen gibt, dann kommt dies in Betracht.

 

 

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Behandlungsaufklärung

Die Behandlungsaufklärung ist eine Aufklärung über die Art, den Umfang und die Durchführung des Eingriffs beim Patienten. Dabei soll vorherrschend kein spezielles medizinisches Fachwissen vermittelt werden.

Nach der Rechtsprechung ist es ausreichend, dass dem Patienten die Bedeutsamkeit des Eingriffs „im Großen und Ganzen“ vermittelt wird, so dass er weiß, worin er einwilligt.

Diese Aufklärung soll dem Patienten eine allgemeine Vorstellung vermitteln, darüber was geplant ist, und was der Eingriff für seine persönliche Lage bedeuten kann.

> Der Arzt hat aber auch über medizinisches Detailwissen aufzuklären, wenn der Patient dies nachfrägt.

Was eine „Aufklärung über den Eingriff im Großen und Ganzen“ ist, ist nur im Einzelfall zu beantworten, unter Beachtung:

  1. des jeweiligen Eingriffes
  2. den individuellen Patienten und
  3. die Erkenntnisfähigkeit des individuellen Patienten.

Die Aufklärung eines klugen, bewanderten und wissbegierigen Patienten „mit dem Bild einer informierten und aktiven Persönlichkeit“, kann deutlich weniger intensiv sein, als die Aufklärung eines geistig einfachen Patienten.

Ersterem wird zugetraut, dass er „durch Fragen selbst auf eine Vervollständigung der Belehrung hinwirkt, falls sie ihm zu knapp und unvollständig erscheint.“

Gemeinhin kann bemerkt werden, dass der Arzt über den Eingriffs insoweit informieren muss, als dies vernünftigerweise einen Patienten in der betreffenden Lage interessiert. Will der Patient weitere Aufklärungen, muss er fragen.

 

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Risikoaufklärung – Möglichkeit des Fehlschlages der OP

Wenn ein erhebliches Risiko des Misserfolges besteht, bedarf es einer außerordentlich nachdrücklichen und detaillierten Aufklärung.

> Der Arzt muss infolgedessen unmissverständlich darüber aufklären, dass mit einem Fehlschlag zu rechnen ist!

Ist eine empfehlenswerte, aber medizinisch nicht unbedingt notwendige Operation, mit dem hohen Risiko des Misserfolges behaftet, muss der Arzt nicht nur auf die Möglichkeit des Fehlschlages hinweisen, sondern ist außerdem verpflichtet, die „Bedenken des Patienten zu wecken.“

D.h. es genügt nicht, nur einen allgemeinen Hinweis darauf zu geben, dass die Operation schief gehen könne, sondern der Arzt muss dem Patienten vielmehr die Eventualität eines Verzichts auf die Operation vor Augen führen, und ihm die Begründungen gegen die Durchführung des Eingriffs aufzeigen.

Der BGH dazu im Einzelnen:

„Um dem Patienten eine eigne Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob er den Eingriff wagen soll, ist es in solchen Fällen vielmehr erforderlich, ihm nicht nur den technischen Ablauf der Operation zu erklären und ihn ganz allgemein auf die Gefahr eines Misslingens hinzuweisen, vielmehr bedarf es einer detaillierten, medizinischen Laien verständlichen Darlegung des Für und Wider, um sicher zu gehen, dass sich der Patient über die Erfolgschancen der geplanten Operation und über das, was er im Falle eines Fehlschlags unter Umständen auf sich nehmen muss, keine Illusionen macht.“

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Risikoaufklärung bei Ablehnung oder Abbruch der Behandlung

Der Patient ist besonders ausführlich, umfassend und nachdrücklich über die Gefahren, Risiken und die Folgen seiner verweigerten Zustimmung aufzuklären, wenn er:

  • auf eine empfohlene Behandlung verzichtet,
  • eine bereits begonnene Behandlung abbricht, oder
  • eine Verlegung in eine für die Behandlung kompetente Spezialklinik ablehnt.

Der Arzt muss die Entscheidung, aufgrund des Selbstbestimmungsrechts des Patienten, respektieren.

> Aber gerade dieses Selbstbestimmungsrecht erfordert, dass dem Patienten „die mit seiner Entscheidung verbundenen Risiken eindringlich vor Augen“ gestellt werden.

Die ärztliche Aufklärungspflicht

Risikoaufklärung – Generelles

Die Risikoaufklärung ist von größter Bedeutung im Arzthaftungsprozess.

Es gilt hier wieder der Grundsatz der Aufklärung im Großen und Ganzen, aber ausschlaggebend für die Risikoaufklärung ist der Schutzzweck, für das Selbstbestimmungsrecht des Patienten.

> Der Patient muss über Komplikationen und Risiken aufgeklärt werden, die für seine Entscheidung zur Einwilligung in die Operation von Bedeutung sind.

> Darüber hinaus muss der Patient auch auf das bloße Risiko des Fehlschlagens des Eingriffs hingewiesen werden.

D.h. der Patient muss alle mit dem Eingriff verbundenen Risiken verstehen und beurteilen können, bevor er, unter Abwägung aller Vor- und Nachteile, eine Entscheidung für oder gegen den Eingriff trifft.

Es wird vorausgesetzt, dass das jeweilige Risiko, nach dem medizinischen Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Vornahme des Eingriffs bereits bekannt war.

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Risikoaufklärung – Beispiele für Aufklärungsfehler

1. Risiko Querschnittslähmung:

> Es ist nicht ausreichend, nur Bewegungsbeeinträchtigungen oder Lähmungserscheinungen zu erwähnen.

2. Risiko Blindheit:

> Es ist nicht ausreichend, nur eine Sehverschlechterung zu erwähnen.

3. Risiko Dauerschäden:

> Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, die Folgen seien vorübergehend oder behebbar.

4. Relativierung/Verharmlosung des Risikos:

> Die Aussage des Arztes, er habe den Patienten nur aus „rechtlichen Gründen“ über diese Risiken aufklären müssen, ist vollkommen unzulässig.

> Die Aussage des Arztes, in der Praxis kämen diese Risiken nie vor, ist ohne statistische Angabe der Häufigkeit („statistisch gesehen in weniger als 1 % der Fälle“) unzulässig.

Damit entwertet der Arzt die erteilte Aufklärung, und die Entschlussfreiheit des Patienten wird beeinflusst.

5. Dramatisierung des Risikos:

> Der Arzt darf die Dringlichkeit der Behandlung nicht überzeichnen oder illusorisch dramatisieren.

> Der Arzt darf bei einer zwar notwendigen, aber nicht vital indizierten Operation nicht von „höchster Lebensgefahr“ bei Operationsverzicht sprechen.

Hierin liegt eine Verletzung der Entschließungsfreiheit des Patienten, der sich durch die illusorische Aufklärung davon abbringen lassen könnte, sich seine Entscheidung gründlich zu überlegen, und eventuell anderweitigen Rat einzuholen.

6. Vorgabe einer eindeutigen Diagnose:

> Der Arzt darf nicht eine von ihm gestellte unsichere Verdachtsdiagnose als gesichert darstellen.

 

Die ärztliche Aufklärungspflicht – Risikoaufklärung – Allgemeine Risiken

Allgemeine Risiken sind Risiken die mit jeder Operation verbunden sind. Erstaunlicherweise, muss der Patient in aller Regel nicht über diese allgemeinen Risiken aufgeklärt werden. Der Arzt darf grundsätzlich bei jedem Patienten das Kennen der allgemeinen Risiken (z.B. Embolien, Infektionen, Narbenbrüche, Nachblutungen) von Operationen voraussetzen.

> In einschlägigen Entscheidungen hat der BGH allerdings betont, dass unter bestimmten Umständen auch über allgemeine Risiken aufzuklären ist!

Über allgemeine Risiken ist aufzuklären, wenn:

  • ein Patient ausnahmsweise mit dem Eintritt der allgemeinen Risiken nicht rechnen musste.
  • von einem Laien die faktische Tragweite des allgemeinen Risikos verkannt wird.
  • die Komplikation in eine Richtung verlaufen kann, die für einen Laien überraschend ist.
  • dem Patienten diese Risiken abstrakt bekannt sind, aber er damit nicht weiß, wie hoch die Gefahr der Verwirklichung gerade bei diesem betreffenden Eingriff in dem konkreten Krankenhaus ist.

> Die Aufklärung, über allgemeine Risiken, muss dann so detailliiert sein, dass der Patient sich ein einwandfreies Bild über die reale Gefahr des Eingriffs machen kann.

Zu diesem Zweck ist es weder notwendig, und auch nicht ausreichend, den medizinisch richtigen Begriff zu erwähnen.

Ist es allerdings nur möglich durch die Benutzung eines bestimmten medizinischen oder allgemeinen sprachlichen Begriffes, dem Patienten die denkbaren, weit reichenden Folgen des Eingriffs für sein späteres Leben zu verdeutlichen, dann muss auch genau dieses Wort im Aufklärungsgespräch fallen.

 

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