Nicht steriles OP-Besteck, nicht desinfizierte Hände. Solche Umstände betreffen den Bereich der Hygiene in einer Klinik oder einer Praxis. Infiziert sich ein Patient in einem Krankenhaus mit einem Keim, da sterile Kautelen nicht eingehalten worden sind, und führt dies zu einem Schaden des Patienten, so handelt es sich unter Umständen um einem Behandlungsfehler.
Grundsätzlich muss ein Patient einen solchen Behandlungsfehler darlegen und nachweisen, dazu gehören auch Hygienemängel in einem Krankenhaus. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der Darlegungslast (und Beweislast) hat aber dann zu gelten, wenn der Patient sich zu einem von ihm erhobenen Vorwurf des Hygienemangels nur pauschal erklären kann, z.B. weil (naturgemäß) es sich bei Vorwürfen die Hygiene betreffend um organisatorische Strukturen handelt, in die der Patient regelmäßig keinen Einblick hat. In solchen Fällen muss dann der Krankenhausträger in einem gerichtlichen Verfahren eine Situation schaffen, die den Patienten in eine Lage versetzt, dass er auch konkret Beweis antreten kann. Denn den Krankenhausträger trifft hinsichtlich solcher Vorgänge eine sog. sekundäre Darlegungslast. Kommt der Krankenhausträger seiner sekundären Darlegungslast nicht nach, so kehrt sich die Beweislast um und der Krankenhausträger muss beweisen, dass der vorgetragene Schaden des Patienten nicht auf einem Hygienemangel beruht.
Diese – auch von der Rechtsprechung getragene – Ansicht ist zutreffend und findet ihre Stütze letztlich auch im Sinn und Zweck der Hygienevorschriften.
So heißt es etwa in der DIN EN 15883 (Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung) unter Nr. 1.3. wörtlich:
„Gemäß § 4 MPBetreibV sind die Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten mit geeigneten, validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern und Dritten nicht gefährdet wird (Kat. IV). Mit der Validierung der Aufbereitungsprozesse werden auch die Parameter definiert, die erforderlich sind zu beweisen, dass der jeweilige Prozess (Einzelschritt der Aufbereitung) in einer Form durchlaufen wurde, die die Erzielung der jeweils vorgegebenen Spezifikationen garantiert. In dem hier beschriebenen Zusammenhang sind dies
– die für die Erfüllung der technisch-funktionellen Sicherheit zu gewährleistenden Designparameter des Medizinproduktes (Eignung des Verfahrens für das Medizinprodukt) und
– die Parameter zur Gewährleistung der effektiven Reinigung, Desinfektion und Sterilisation.
Die Validierung soll dem Medizinprodukt und seiner Risikobewertung und Einstufung angemessen sein und nach den anerkannten Regeln der Technik unter Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik erfolgen (Kat. IV).
Soweit keine einheitlichen Produktchargen gebildet werden können, müssen die Prüfungen im Rahmen der Validierung an Produkttypen (gegebenenfalls Prüfmodellen) erfolgen, die nachweislich für alle wesentlichen Merkmale repräsentativ für bestimmte, gegebenenfalls zu bildende Gruppen von Medizinprodukten anzusehen sind. Die Kriterien für die Bildung von Produktgruppen.“
Zitat Ende.
Die Klinik muss eine also auch ordnungsgemäße Sterilisation nachweisen. In der DIN EN 285 (Validierung und Routineüberwachung von Sterilisationsprozessen) heißt es unter anderem insoweit wörtlich:
„Vom Betreiber des Sterilisators sind vorzulegen:
– Dokumentation des Sterilisators und des Zubehörs, einschließlich der Betriebsmittelversorgung (z. B. Leitfähigkeit, Speisewasseranlage, ggf. Messung nichtkondensierbarer Gase)
– Anweisungen der Sterilisator- bzw. Verpackungsmittelhersteller über dasBetreiben des Gerätes bzw. die Verpackung der Sterilisiergüter
– Verträglichkeitsnachweise für die Sterilisiergüter und die vorgesehenen Verpackungen gegenüber dem anzuwendenden Prozess
– Packlisten (z. B. für Siebe, einschließlich der Umhüllungen)
– Packschemen zu den Sieben, Körben und Containern (z. B. Skizzen oder Fotos)
– Liste der Einzelinstrumente
– Liste der zwischen Validierer und Betreiber abgestimmten
Konfigurationen zur Leistungsbeurteilung (PQ) (siehe Begriffe) je Programm
– Kalibrierbescheinigungen der Instrumentierung (Temperatur, Druck), Betriebstagebuch, Wartungsplan, Plan für die Routineüberwachung, Freigabeentscheidung nach der Sterilisation
– Ausbildungs- und Schulungsnachweise des Personals“
Zitat Ende.
Legt der Klinikbetreiber diese Unterlagen unvollständig oder gar nicht oder widersprüchlich vor, so trifft ihn die Beweislast dafür, dass der Schaden aus einem anderen Grund hervorgerufen worden ist.