Die Patientenanwalt AG hat ihre Klage vom 23.01.2012 vor dem Landgericht Karlsruhe wegen des Skandals um die Brustimplantate gegen die Allianz Frankreich („Société ALLIANZ“) mit Sitz in Paris am 02.02.2012 erweitert. Die Allianz Frankreich ist der Pflichtversicherer der Skandalfirma P.I.P.
Die Allianz hat ihre Rolle als Haftpflichtversicherer in einem vergleichbaren Verfahren in Avignon nicht bestritten. Sie wurde am 11.01.2012 aufgrund mündlicher Verhandlung vom 04.01.2012 von dem französischen Gericht im Wege einer Verfügung zu einer vorläufigen Entschädigungszahlung von 4.000,– Euro verurteilt.
Es ist nach unserer Kenntnis die erste Klage eines Opfers von P.I.P.-Implantaten in Deutschland, die sich gegen den französischen Pflichtversicherer von P.I.P. richtet.
Interessant sind hierbei insbesondere zwei Punkte. Es ist nun ein deutsches Gericht erstmals für die Entscheidung über einen Anspruch gegen die Allianz in Frankreich im Zusammenhang mit den Skandal-Implantaten zuständig. Ferner besteht der Anspruch gegen die Allianz nach französischem Recht, welches das deutsche Gericht anwenden muss. Die prozessualen „Spielregeln“ aber richten sich trotzdem nach deutschen Normen.
Die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts ergibt sich aus dem europäischen Verfahrensrecht. Dass das deutsche Gericht aber den Direktanspruch gegen die Allianz nach französischer Rechtslage beurteilen muss, ist eine Folge der richtigen Anwendung des internationalen Privatrechts.
Ist das nicht unnötig kompliziert? Nein! Denn der Clou dabei ist:
Nach französischem Versicherungsrecht hat der Geschädigte gegen die Pflichtversicherung einen direkten Anspruch. Im Falle fehlerhafter Gesundheitsprodukte ist dieser Anspruch nach französischer Rechtslage nicht einmal von der Frage abhängig, ob P.I.P. schuldhaft gehandelt hat oder nicht.
In Deutschland hat sich leider bisher immer die Versicherungswirtschaft in der Politik durchsetzen können. Es gibt in Deutschland – anders als bei unserem Nachbarn in Frankreich – gar keine Pflichtversicherung bei Ärzten (!) und auch nicht bei Gesundheits- bzw. Medizinprodukten (!). Das ist auch ein Skandal. Während jeder Anwalt eine Brufshaftpflichtversicherung abschließen muss, haben Ärzte diese Pflicht nicht. Der deutsche Gesetzgeber bringt damit klar zum Ausdruck, dass ihm Geld wichtiger ist, als der Schutz von Personen.