Ursächlicher Behandlungsfehler, welches Schadensersatzrecht hat der Patient?

Der geschädigte Patient hat Anspruch darauf, dass ihm alle zurechenbaren Schäden ersetzt werden. Dies ist durch einen Vergleich der hypothetischen Güterlage ohne das schädigende Ereignis mit der tatsächlichen Lage unter Einbeziehung aller adäquat kausal zurechenbaren Vor- und Nachteile zu ermitteln (Differenzmethode). Der maßgebliche Zeitpunkt ist hierbei die Geltendmachung des Schadens. Ausschlaggebend sind alle hierdurch ermittelnden Nachteile an Rechten, Rechtsgütern, rechtlich geschütztem Vermögen, die durch den Behandlungsfehler verursacht worden sind.

Zu unterscheiden ist hierbei zwischen „materiellen“ und „immateriellen“ Schäden.

A. materielle Schäden

Freistellung von der Zahlungspflicht des Arzthonorars

Bei fehlerhafter Behandlung steht dem Patienten u.U. ein Schadensersatzanspruch zur Verfügung, der auf Freistellung von der Zahlungspflicht lautet. Der Honoraranspruch entfällt in jedem Falle, wenn aufgrund der Pflichtverletzung der Patient kein Interesse an der Leistung hat. Auch bei einem Aufklärungsfehler ist der Patient nach herrschender Ansicht berechtigt, mit seinem Schadensersatzanspruch aus § 280 I BGB bzw. 628 I BGB analog gegen den Vergütungsanspruch des Arztes aufzurechnen bzw. das gezahlte Honorar gem. § 812 I 1 BGB.

Minderung der Erwerbsfähigkeit, Vermehrung der Bedürfnisse

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist konkret nach der tatsächlichen Erwerbsminderung zu ermitteln.

Die Vermehrung der Bedürfnisse sind konkret darzulegende Mehraufwendungen im Vergleich zu einem gesunden Menschen, also alle unfallbedingten ständig wiederkehrenden vermögenswerten objektivierbaren Aufwendungen, die den Zweck haben, diejenigen Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Störung körperlichen Wohlbefindens entstehen wie Mehraufwendungen durch bessere Verpflegung, Kuren, Erneuerung künstlicher Gliedmaßen, pflegepersonal, verstärkte Verkehrsmittelbenutzung eines Gehbehinderten, Kosten einer notwendigen Haushaltshilfe.

Die Höhe der Rente ist konkret zu berechnen. Kann der Patient trotz teilweiser Erwerbsfähigkeit keine Arbeitsstelle finden, so ist der ganze Durchschnittsverdienst zu ersetzen. Die Höhe kann in das Ermessen des Gerichtes gestellt werden, wenn dem Gericht genügende Grundlagen hierfür geboten werden.

Fahrtkosten von nahen Angehörigen für Krankenhausbesuche

Diese gehören zu dem Heilungsosten und damit zu den Kosten, die der Arzt nach § 249 II BGB zu ersetzen hat. Zum Kreis der Angehörigen gehört auch der/die Lebensgefährtin, nicht aber der Bruder. Die Ersatzpflicht beschränkt sich auf die kosten der wirtschaftlichsten Beförderungsart, bei PKW-Fahrten können 0,30 Euro/km angesetzt werden. Die Ersatzpflicht erstreckt sich auch auf unvermeidbaren Lohnausfall bzw. entgangenen Gewinn.

Heilbehandlungskosten

Der Arzt hat die Nachbehandlungskosten zu tragen. Der Verletzte darf bei der Nachbehandlung den Leistungsstandard wählen, den er üblicherweise in Anspruch nimmt. Der verletzte Kassenpatient kann auch Kosten von Heilbehandlungsmaßnahmen ersetzt verlangen, die die gesetzliche Krankenversicherung nicht übernimmt.

erforderliche Aufwendungen

Der Arzt hat die Kosten von Sachverständigengutachten oder von Rechtsanwaltstätigkeiten zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind, in der Regel auch dann, wenn das Gutachten objektiv ungeeignet ist oder seine Kosten übersetzt sind. Beitragsdefizite zur Sozialversicherung und Beitragserhöhung der Privatversicherung sind ebenso zu ersetzen.

Hausarbeit

Der Ehegatte oder Elternteil oder Lebenspartner nach LPartG, der infolge einer Verletzung die ihm als Unterhaltsbeitrag obliegende Hausarbeit nicht leisten kann, hat auch dann einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Kosten einer Ersatzkraft, wenn eine solche nicht angestellt wird.

Haushaltsführung

Wenn ein Ehegatte (Mann oder Frau) auf Grund seiner unfallbedingten Verletzungen der von ihm übernommenen Haushaltsführung ganz oder teilweise nicht mehr nachkommen kann, stehen ihm eigene Schadenersatzansprüche gegenüber dem Schädiger zu. Schadensrechtlich handelt es sich dabei entweder um einen Erwerbsschaden, soweit es die Unterhaltsleistung an die Familienangehörigen betrifft, oder um vermehrte Bedürfnisse, falls die Haushaltsführung der eigenen Bedarfsdeckung dient.

Nicht eheliche Lebensgemeinschaften

Bei nicht ehelichen Lebensgemeinschaften kommt allerdings nur ein Anspruch wegen Vermehrung eigener Bedürfnisse in Betracht, da zwischen den Partnern keine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht.

Kosten der Ersatzkraft

Der Schaden selbst besteht in Höhe der Aufwendungen für eine Ersatzkraft, mit der die liegen gebliebene Hausarbeit aufgefangen wird. Der Arbeitszeitbedarf bemisst sich einerseits nach dem Grad der Behinderung, andererseits nach den familiären Verhältnissen (Anzahl der Familienangehörigen, Größe und Art der Wohnverhältnisse etc.).

Zeitaufwand der Haushaltsführung

Während sich die Arbeitseinschränkung der verletzten Person noch einigermaßen zuverlässig durch den behandelnden Arzt feststellen lässt, wird die Ermittlung des jeweils objektiv erforderlichen Zeitaufwands der Haushaltsführung erheblich schwieriger. Es existieren hierzu die unterschiedlichsten Tabellen und Berechnungsmethoden, mit denen der Versuch einer objektiven Erfassung aller Umstände unternommen wird. Als allgemeine Anhaltswerte können beispielsweise folgende Wochenstunden herangezogen werden.

Haushalt

Wochenstunden

1 Person 18-20

2 Personen 35

3 Personen 45

4 Personen 50

Stundensätze

Für die Bezahlung wird von der Rechtsprechung der BAT-Tarif herangezogen, wobei eine den Gesamtumständen entsprechende Einstufung in die Vergütungsgruppen vorgenommen wird. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass Stundensätze von 8 bis 12 EUR bei der Regulierung von Versicherungsfällen in der Regel nicht beanstandet werden.

Teilbehinderung

Wie bereits angesprochen wurde, besteht ein Anspruch auf Schadenersatz auch dann, wenn die Erwerbsfähigkeit nur teilweise gemindert ist. Eine Behinderung, die unter 10 % liegt, stellt allerdings noch keinen erstattungsfähigen Schaden dar.

fehlgeschlagene Aufwendungen

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch die Aufwendungen, die infolge des schädigenden Ereignisses nutzlos geworden sind. Aufgewandte Behandlungskosten, wenn die ärztliche Leistung völlig unbrauchbar war bzw. die Pflichtverletzung besonders grob war.

entgangener Gewinn

Entgangener Verdienst aus abhängiger Arbeit

Der Schaden besteht in den Bruttobezügen einschließlich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Zu ersetzten sind auch anteiliges Weihnachts- und Urlaubsgeld. Ein möglich beruflicher Aufstieg ist zu berücksichtigen, soweit er wahrscheinlich ist. Die Ersparnisse an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sind nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen.

Entgangener Verdienst aus selbständiger Arbeit

Abgestellt wird auf die anhand des Betriebsergebnisses konkret festzustellende Gewinnminderung

Bei Unfällen vor Eintritt in das Berufsleben ist zu schätzen, wie der berufliche Weg des verletzten nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften voraussichtlich verlaufen wäre.

Verlust der Anwartschaft auf Leistungen aus Versicherungen ist ebenso ersetzbar.

B. immaterielle Schäden = Schmerzensgeld

Im Vordergrund soll das Schmerzensgeld dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich bieten für diejenigen Schäden, für diejenigen Lebenshemmungen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind. In erster Linie bilden die Größe, die Heftigkeit und die Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentliche Grundlage bei der Bemessung der billigen Entschädigung. Das Schmerzensgeld soll aber zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet. Die Billigkeit verlangt demnach aufseiten des Schädigers unter anderem die Berücksichtigung des Verschuldensgrades, des Anlasses der Verletzung und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers.

Dauerschaden

Der Umfang des Dauerschadens des Patienten ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Bemessung des Schmerzensgeldes. Im Gegensatz zu der abstrakt berechneten Erwerbsminderung in der Unfallversicherung kommt es hier auf die persönlichen Verhältnisse des Patienten an. Alter, Geschlecht, Beruf und persönliche Neigungen des Patienten sind zu berücksichtigen.

Psychische Beeinträchtigungen

Nach geltendem Recht können psychische – besser vielleicht mentale – Leiden des Patienten nur in Ausnahmefällen zu einem Schmerzensgeldanspruch führen. Dabei sind hier nicht die psychischen Erkrankungen, Veränderungen und Leiden gemeint, die ein Verletzter infolge insbesondere schwerer Hirnverletzungen erleidet. Von einer billigen Entschädigung ausgeschlossen sind vielmehr die primären psychischen Beeinträchtigungen wie Trauer, Depressionen, Unlust, Antriebsschwäche und dergleichen, denen keine unmittelbare Verletzungshandlung des Schädigers gegen den Betroffenen zugrunde liegt und die somit keine pathologisch nachweisbare Ursache haben. Nur wenn diese mentalen Probleme die Form einer verifizierbaren Erkrankung annehmen, wie dies insbesondere als Schock beim Miterleben des Todes eines nahen Angehörigen oder als »Fernwirkungsschockschaden« aus Anlass der Todesnachricht bekannt ist, ist das Tatbestandsmerkmal der »Gesundheitsverletzung« gegeben und ein Schmerzensgeld ist dem Patienten zu gewähren. Im Übrigen findet einer der empfindlichsten Verluste, der einem Menschen durch die Tötung seiner nächsten Angehörigen zugefügt werden kann, und der damit verbundene Schmerz und die tief empfundene Trauer, keine Entschädigung. Der Verlust elementarer menschlicher Beziehungen stellt für die Hinterbliebenen vielfach eine erhebliche psychische Beeinträchtigung dar, ohne dass diese ein medizinisches Krankheitsbild hervorruft. Andere, weit weniger gewichtige Eingriffe, insbesondere in den Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, werden durch großzügige Schmerzensgelder geschützt.

Seelisch bedingte Folgeschäden

Der Schädiger hat für seelisch bedingte Folgeschäden beim Patienten, auch wenn sie auf einer psychischen Anfälligkeit des Verletzten oder sonstwie auf einer neurotischen Fehlverarbeitung beruhen, haftungsrechtlich grundsätzlich einzustehen. Eine Zurechnung kommt nur dann nicht in Betracht, wenn das Schadensereignis ganz geringfügig ist. Dies bedeutet, dass letztlich auch psychosomatische Beschwerden, an denen der Verletzte leidet, dem Schädiger haftungsrechtlich zuzurechnen sind. Der Schädiger muss daher für auftretende Depressionen und Wesensveränderungen des Patienten grds. einstehen.

Soziale Belastungen

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes für eine direkte Körperverletzung können zudem auch die daraus resultierenden sozialen Belastungen, wie z.B. Störungen in der Ausbildung oder in der beruflichen Tätigkeit, verminderte Heiratsaussichten, Beeinträchtigungen im gesellschaftlichen Leben oder die Aufgabe eines Sports zu Gunsten des Patienten berücksichtigt werden.

Alter des Verletzten

Das Alter des Patienten ist ebenfalls im Rahmen der Ausgleichsfunktion zu berücksichtigen. Die Rechtsprechung ist sich darin einig, dass ein junger Mensch, der einen schweren Dauerschaden erlitten hat, wegen seines Alters mehr Schmerzensgeld vom Arzt bekommen muss, weil er noch lange an den Verletzungsfolgen zu tragen hat Die Beurteilung bei einem höheren Lebensalter des Patienten ist sehr verschieden. Während einige Gerichte der Meinung sind, dass sich ein schwerer Dauerschaden bei höherem Lebensalter wegen der geringeren Lebenserwartung nicht sehr erheblich auf die Höhe des Schmerzensgeldes auswirkt, sind andere Gerichte der Auffassung, dass sich gerade dann die Verletzung und ihre Folgen besonders schwerwiegend auswirken, weil das fortgeschrittene Lebensalter des Patienten den Heilungsablauf erschwert und sich ein jüngerer Mensch eher an neue Gegebenheiten anpasst als ein älterer.

Schmerzensgeld in Todesfällen

Das Schmerzensgeld ist nicht deshalb geringer zu bemessen, weil es nicht dem Verletzten, sondern nach dessen Tod seinen Erben zugute kommt. Es ist vielmehr in der Höhe festzusetzen, wie es unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in der Person des Patienten entstanden ist. Maßgeblich ist die tatsächliche Lebensdauer des Verletzten, nicht die normalerweise zu erwartende Lebensdauer des Patienten. Ist nicht ausgeschlossen, dass im Zeitpunkt des Unfalls sofort der Tod eintritt, scheidet ein Schmerzensgeldanspruch des Patienten aus, weil nicht bewiesen ist, dass der Verunglückte auch nur eine nennenswerte Zeitspanne Schmerzen erlitten hat. Die Rechtsprechung ist gerade im Hinblick auf die Lebensdauer des Verletzten sehr unterschiedlich.

Verschulden des Schädigers

Es wurde entschieden, dass das Verschulden des Schädigers im Rahmen der Genugtuungsfunktion zu berücksichtigen ist. Dadurch soll die Möglichkeit geboten werden, das Schmerzensgeld für die Folgen eines Verbrechens oder grober Fahrlässigkeit höher festzusetzen als für die äußerlich gleichen Folgen eines Fehlverhaltens im Verkehr, wie es jedem unterlaufen kann. In Arzthaftungsfällen wird grobe Fahrlässigkeit fast nie in dem Sinne berücksichtigt, dass deswegen ein höheres Schmerzensgeld zugesprochen wird.

Hinauszögerung der Schadensregulierung

Im Rahmen der Genugtuungsfunktion kann die Hinauszögerung der Schadensregulierung durch die Versicherungsgesellschaft zugunsten des Verletzten Berücksichtigung finden. Besonders ausführlich dazu die Begründung des OLG Hamm sowie des OLG Frankfurt. Diese Rechtsprechung hat sich inzwischen allgemein durchgesetzt.

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