Ärzte & Krankenkassen setzen auf Zermürbungstaktik – Europäischer Gerichtshof stärkt Patientenrechte
Eine Patientin aus England litt an einer fortgeschrittenen Hüftarthrities mit dauerhaften schweren Schmerzen. Eine erste lapidare Einschätzung des Arztes degradierte die Patientin zum „einfachen Routinefall“. Das hieß, dass die Patientin noch mindestens 1 Jahr auf die erlösende Hüft-OP warten müsse. Nachdem sie ihren Arzt ein zweites Mal aufsuchte, sprach dieser sich für eine „zeitnahe“ Operation aus, was immerhin noch eine schmerzhafte Wartezeit von 3-4 Monaten („zeitnah“!) für die Patientin bedeutet hätte.
Natürlich wollte sich Frau Watts nun nicht mehr in England, sondern im EU-Ausland operieren lassen und stellte bei ihrer Krankenkasse den Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten im EU-Ausland. Die Krankenkasse lehnte jedoch die Zahlung der Behandlungskosten ab, was von den Kosten her völlig unvernünftig war. Immerhin wäre dieselbe Operation in anderen EU-Staaten wesentlich günstiger für die Kasse, als die Übernahme von Behandlungskosten in England. Schon aus Gründen des gesunden Menschenverstandes war die Entscheidung der Krankenkasse absurd.
Schließlich wurde die Operation in Frankreich durchgeführt. Der Fall wurde dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Der Europäische Gerichtshof stärkt in seinem Urteil vom Mai 2006 (Rechtssache c-372/04) die Patientenrechte mit der Entscheidung, dass die Behandlungskosten von der Krankenkasse für eine Operation in einem EU-Staat zurück zu erstatten sind. Wieder einmal wurde das Öffentliche Gesundheitswesen erfolgreich abgemahnt.
Am Verhalten des Arztes wird deutlich, wie das öffentliche Gesundheitssystem arbeitet: nach Zermürbungstaktik. Wer sofort der ersten und auch zweiten Arztmeinung Glauben schenkt, hat das Nachsehen. Auch wer sofort der Krankenkasse nachgibt, wird auf eigene Kasse mehr krank als gesund werden.
Der Fall Watts zeigt, dass es sich immer lohnt, für die eigenen Patientenrechte zu kämpfen
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