Grundsätzlich hat der Patient in einem Arzthaftungsprozess die fehlerhafte Behandlung nachzuweisen. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein grober Behandlungsfehler vorliegt.
Im zugrundeliegenden Fall wurde die Klägerin (Patientin) nach einem Motorradunfall in die Beklagte Klinik eingeliefert. Hier wurden einige Brüche bemerkt, jedoch wurde die Beckenringfraktur mit einem Sakrumkompressionsbruch nicht erkannt. Die Klägerin wurde sogar wieder mobilisiert, wobei eine Entlastung durch Unterarmstützen hierbei nicht erfolgte. Als sie Schmerzen beim Gehen verspürte, informierte die Klägerin die Ärzte, die jedoch behandlungsfehlerhaft kein Röntgenbild veranlassten. Erst nach der Entlassung der Klägerin aus der Klinik wurde der Bruch diagnostiziert, dieser war zu diesem Zeitpunkt jedoch schon mit einer Verschiebung zusammengewachsen. Es entwickelte sich bei der Klägerin auch eine Pseudarthrose.
Das Berufungsgericht hat das für die Klägerin abweisende Urteil aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Denn ein grober Behandlungsfehler und eine dadurch bedingte Beweiserleichterung liegen nach Ansicht des Senats vor.
Vorliegend haben die Ärzte kein Röntgenbild anfertigen lassen, obwohl die Klägerin direkt nach der Mobilisierung über Schmerzen klagte. Durch diese medizinisch gebotene Maßnahme hätte die Fraktur festgestellt werden können. Die Unterlassung dieser Maßnahme und die weitere Mobilisierung der Klägerin sind schlechterdings unverständlich und daher grob fehlerhaft gewesen.
Die Klägerin kann zwar nicht den Vollbeweis dafür führen, dass die Schadensfolgen auf den Behandlungsfehler zurückzuführen sind, jedoch kommt ihr hier die Beweiserleichterung zugute. Hierzu führt der Senat aus, dass dem Begriff „Beweiserleichterung“ im Vergleich zur Beweislastumkehr keine eigenständige Bedeutung zukommt. Auch hier geht es um die Umkehr der Beweislast, die auf den behandelnden Arzt verlagert wird und nur dann – ausnahmsweise – ausgeschlossen wird, wenn der Zusammenhang zwischen Behandlungsfehler und Schaden gänzlich beziehungsweise äußerst unwahrscheinlich ist.
Das Vorliegend eines solchen unwahrscheinlichen Zusammenhangs hat jedoch der Arzt zu beweisen, was ihm hier nicht gelungen ist.