Eine – behauptete unberechtigte – Leistungsverweigerung einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein Versicherungsfall im Sinne des § 4 Abs. 1 c der Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrages seine Anzeigeobliegenheiten verletzt haben soll und deshalb die Leistung verweigert wird.
Dem Urteil des OLG Karlsruhe vom 30.12.2011 lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger stellte am 14.10.1999 einen Antrag auf Abschluss einer BU-Versicherung. Dabei soll es zu einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit gekommen sein.
Am 1.3.2001 schloss der Kläger zusätzlich eine Rechtsschutzversicherung bei der Beklagten ab.
Die BU-Versicherung lehnte am 19.03.2004, nach Eintritt der Berufsunfähigkeit, die Leistung ab, da der Kläger seine Anzeigepflicht verletzt hatte.
Die beklagte Rechtsschutzversicherung lehnte daraufhin die Deckung für den Prozess bzgl. der unberechtigten Leistungsablehnung der BU-Versicherung ab.
Festzustellen ist, dass die Verletzung der Anzeigepflicht grundsätzlich einen Verstoß gem. § 4 Abs. 1 c ARB (= Versicherungsfall) darstellt. Der Verstoß erfolgte auch nicht während der Laufzeit der abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung, weshalb kein Versicherungsschutz bestehen könnte.
Laut Ansicht des OLG Karlsruhe gilt hier jedoch der § 4 Abs. 2 S. 2 ARB, dieser besagt folgendes:
Sind für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen (hier: Vorgehen gegen die Leistungsablehnung der BU Versicherung) mehrere Rechtsschutzfälle ursächlich, ist grundsätzlich der erste Verstoß entscheidend. Dabei gilt bei mehreren Rechtsschutzfällen aber, dass kein Rechtsschutzfall berücksichtigt wird, der länger als 1 Jahr vor Beginn des Versicherungsvertrags eingetreten ist. Dies bedeutet, dass nur der zweite Rechtsschutzfall zu beachten wäre.
In dem entschiedenen Fall lag der Verstoß gegen die Anzeigeobliegenheit länger als 1 Jahr vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung zurück.
Die Leistungsverweigerung der BU-Versicherung stellt für den Versicherungsnehmer einen weiteren, zweiten Verstoß neben der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung dar. Dies stellt jedenfalls für einen verständigen Versicherungsnehmer eine denkbare Auslegungsmöglichkeit des § 4 Abs. 2 S.2 ARB dar.
Damit ist § 4 Abs. 2 S. 2 ARB einschlägig. Die Beklagte kann somit die Deckung des Rechtsschutzfalles nicht aufgrund eines vorvertraglichen Rechtsschutzfalles ablehnen. Denn es kommt nicht auf den ersten Verstoß der vorvertraglichen Pflichtverletzung an, sondern auf die ablehnende Entscheidung der BU-Versicherung.
Das OLG Karlsruhe hat jedoch die Revision zum BGH zugelassen.