Im VersRecht gilt im Grundsatz keine andere Beweislastverteilung als im übrigen Zivilrecht: Jede Partei muss die tatsächlichen Voraussetzungen der Rechtsnorm oder vertraglichen Regelung beweisen, aus deren Rechtsfolge sie Ansprüche für sich herleitet. Dieser Grundsatz erfährt indessen wegen der zahlreichen Besonderheiten des VersRechts ebenso zahlreiche Ausnahmen oder Abwandlungen. Dennoch kann als erste Orientierung für die Praxis von folgendem Schema ausgegangen werden2:
1. Anspruch des Versicherungsnehmers nach Eintritt des Versicherungsfalls
a) Der VersNehmer muss beweisen, dass die Tatsachen gegeben sind, die den vom Gesetz oder den Allgemeinen VersBedingungen definierten VersFall ausmachen. Er muss auch beweisen, dass und in welcher Höhe er durch den VersFall einen Schaden erlitten hat, es sei denn, die Leistung einer bestimmten Summe sei vereinbart.
b) Hat der Versicherer von seiner Risikobeschreibung Ausnahmen definiert, sind die dafür maßgebenden tatsächlichen Voraussetzungen vom Versicherer zu beweisen.
2. Leistungsfreiheit des Versicherers
a) Macht der Versicherer Leistungsfreiheit geltend, weil der VersNehmer den VersFall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe, obliegt es dem Versicherer zu beweisen, dass diese Voraussetzungen vorliegen3.
b) Leitet der Versicherer Leistungsfreiheit aus einer Obliegenheitsverletzung des VersNehmers her, hat der Versicherer den objektiven Tatbestand der Obliegenheitsverletzung zu beweisen4. Ist dem Versicherer dies gelungen, muss sich der VersNehmer vom vermuteten Verschulden entlasten5. Dieser muss ferner beweisen, dass die Obliegenheitsverletzung keinen Einfluss auf den Eintritt oder die Feststellung des VersFalls hatte6.
c) Soll die Leistungsfreiheit des Versicherers auf nicht oder nicht rechtzeitig gezahlter Prämie beruhen, muss der VersNehmer die Zahlung der Prämie und die Rechtzeitigkeit beweisen7. Setzt die Leistungsfreiheit des Versicherers voraus, dass der VersNehmer gemahnt und über die Folgen einer Nichtzahlung belehrt wurde, ist der Versicherer dafür beweisbelastet, dass Mahnung und Belehrung dem VersNehmer zugegangen sind8.
Vgl. BGHZ 3, 342, 346; 53, 245, 250 f.
Vgl. auch Prölss in Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 5, VersR 1993, § 1 VVG Rdnr. 6 f.
BGHZ 65, 118, 121 f, = VersR 76, 61, 62; r+s 85, 175 = VersR 85, 78 unter 2, und ständig.
BGH VersR 82, 674 unter V; NJW-RR 96, 981 = ZfS 96, 305.
BGH VersR 99, 1004 unter II 1 m.w.N. = NVersZ 99, 334 = r+s 99, 205 = NJW-RR 00, 397.
BGH VersR 97, 485 unter I 2 a m.w.N. = r+s 97, 120 = NJW-RR 97, 407 = ZfS 97, 185.
BGH NJW 69, 875 = VersR 69, 368.
OLG Hamm VersR 92, 1205 = r+s 92, 258; OLG Nürnberg VersR 92, 602.